Episode: Baustelle Revolution

Die Worte Revolution und Evolution bezeichnen die beiden Antipoden der VerĂ€nderung. Evolution ist das Gesetz des Lebendigen. Sie plant nicht. Evolution bastelt. Sie braucht gewaltige Mengen an Zeit. In dieser Weise schafft sie lang andauernde und riesenhafte VerĂ€nderungen. Der Revolution entspricht “umgekehrt” der abrupte Bruch, die Kategorie der Plötzlichkeit. RevolutionĂ€r beginnt eine neue Zeit. In unserem Jahr 2017 gibt es den 100. Jahrestag zum Februar und Oktober 1917, den beiden russischen Revolutionen. 50 Jahre sind es seit dem Sommer 1967, aus dem die Protestbewegungen in Berlin, Frankfurt, Paris und Berkeley hervorgingen. Die Wende von 1989 ereignet sich zeitgleich mit der grausamen Niederschlagung der Rebellion auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking und zugleich im JubilĂ€umsjahr von 200 Jahren der Großen Französischen Revolution. Der Arabische FrĂŒhling fĂŒhrte – erschreckend und enttĂ€uschend – zum Elend von Aleppo. Alle Revolutionen hatten bisher einen unverwechselbaren Charakter. Ihre Erfahrungen sind unaufgearbeitet. Christoph Menke, Inhaber des Lehrstuhls fĂŒr Praktische Philosophie an der Johann-Wolfgang-Goethe UniversitĂ€t Frankfurt/Main, ReprĂ€sentant der 3. Generation der Frankfurter Kritischen Theorie und Fellow im Wissenschaftskolleg zu Berlin zum Thema “Baustelle Revolution”. Es geht um einen archĂ€ologischen Grabungsort (fĂŒr Ruinen aber auch fĂŒr Neubau). Bisher hat keine Revolution ihre Versprechungen gehalten und dennoch sind Revolutionen die einzige radikale (d.h. die Wurzeln ergreifende) “Kunst des Neuanfangs”. Wie lernt man das “Anfangen anzufangen und fortzusetzen”? Die historische Erfahrung sagt: “Die Revolution beginnt erst am Tag nach der Revolution”, wenn der Zorn durch Dauerhaftigkeit und Arbeit ersetzt werden muss.