Wer sind eigentlich WIR?

Auf unserer Haut, in unserem Darm, tragen wir lebenslänglich Viren umher. Wir schwimmen aber auch äußerlich in einem Ozean von Viren. Diese Partikel, die noch keine Zellen sind, sind unvorstellbar alt und gehören zu jeder Gegenwart. Wir sprechen über diese wilde Gegenwelt immer dann, wenn Viren Krankheiten auslösen. Die überwältigende Mehrheit dieser Mikroorganismen ist aber unschädlich und einige davon sind für das Leben unersetzlich. Stimmt die Vermutung, dass Viren unsere ältesten Vorfahren sind? Die letzten Jahrzehnte waren Goldgräber-Jahre der Virusforschung. Trotzdem sind breite Teile dieser „Supermacht des Lebens“ unerforscht. Die kleinsten Viren sind 100-fach kleiner als Bakterien. Es gibt aber auch Giga-Viren, die größer sind als Bakterien und den Übergang vom Virus zur Zelle andeuten. Mächtige Giga-Viren aus der Zeit vor 30.000 Jahren wurden im Permafrost Sibiriens entdeckt: nach Auftauen höchst lebendig. Die Virologin und Krebsforscherin Prof. Dr. Karin Mölling, Universität Zürich, berichtet Neues und Verblüffendes aus der Erfolgsgeschichte der Viren, die vor 3,5 Milliarden Jahren begann (also recht kurz nach Konsolidierung des Sonnensystems und damit des Erdballs). Hier kann man die Anfänge der Evolution studieren. Sie begann auf der Basis einfacher RNA-Ketten: den analphabetischen Alleskönnern, die damals und heute die Basis bilden für die Buchstaben-freudigen biologischen Kräfte, aus denen sich die Evolution bis zu uns und den Primaten fortsetzt. Eine Reise in unsere nahe und ferne Umgebung. „Wir schwimmen in einem Meer von Viren“. Begegnung mit Prof. Dr. Karin Mölling, Fellow des Wissenschaftskollegs zu Berlin.

Erstausstrahlung am 16.12.2015

Nachrichten aus dem Buch des Lebens

Die unmittelbaren Vorfahren der Viren, einfachste Bausteine des Lebens aus RNA, sind fast so alt wie die Erde selbst. Die Geschichte des übrigen Lebens haben die Viren lebhaft begleitet. Karin Mölling, eine der führenden Virologinnen der Welt, erläutert die Existenzweise dieser merkwürdigen Wesen “zwischen lebendig und tot”. Ein großer Teil unserer menschlichen DNA besteht aus “eingefangenen Viren”, die dazu da waren uns gegen fremden Virenbefall zu verteidigen, Grundlage der Immunität. Unsere Viren-Mumien in der DNA sind kampfbereit gegen Viren, die es schon längst nicht mehr gibt. Auf Viren geht auch die früheste Finanzkatastrophe zurück, die sogenannte Tulpenkrise in London. Viren sind es, deren Wirkung in den Knollen der Tulpen die Vielfalt der Farben und überraschenden Variationen hervorbringt. Auf diese Vielfalt wurde im 17. Jahrhundert an den Börsen Hollands und Englands geboten. Die Tulpomanie hatte den ersten großen Börsencrash zur Folge, als das Tulpenfieber sich legte. Begegnung mit Karin Mölling. Wie niemand sonst, weiß sie über Viren zu berichten.

Erstausstrahlung am 24.10.2016

Die Menschheit stirbt in Afrika

Peter Sartorius, Leitender Redakteur der Süddeutschen Zeitung, hat an Ort und Stelle in Südafrika die Ausbreitung der HIV-Epidemie untersucht. Er hat die ANKUNFT DES SCHWARZEN REITERS auf diesem Teil des Globus in einer Aufsehen erregenden Artikelserie dokumentiert. In einem Jahrzehnt hat der Aids-Virus in Afrika mehr Opfer gefordert, als die Sklaverei in einem Jahrhundert, sagt Peter Sartorius. Wie kommt es zu diesem millionenfachen Tod? Werden die Menschen aus ihrer Lethargie gerissen? Die HIV-Epidemie zerstört nicht nur menschliche Körper, sondern auch den gesellschaftlichen Mechanismus in Afrika, der für den Aufbau von Gemeinwesen die Voraussetzung ist. Zugleich, sagt Peter Sartorius, erstaunt ihn die Würde, mit der die erkrankten Menschen auf dieses Schicksal antworten. Die Menschheit kam ursprünglich aus Afrika. Es gibt Zeichen, dass sie z. Zt. in Afrika stirbt.

Erstausstrahlung am 03.03.2002

Bio-Terror (Bioterror)

Seit Jahrmillionen kämpfen Menschen, Tiere und Viren miteinander um die bessere Verbreitung ihrer Art auf dem blauen Planeten. Diejenige Art, die in diesem biologischen Bürgerkrieg einen entscheidenden Fehler begeht, kann verlieren. Es geht um Stichworte wie Ebola, Aids und noch größere Gefahren, die noch unbekannt sind. Prof. Dr. med. Alexander Kekulé, Direktor des Instituts für medizinische Mikrobiologie an der Universität Halle, über die besondere Gefährdung, wenn ein Virus die Artenschranke überspringt.

Erstausstrahlung am 09.11.2003

Evolution der Intelligenz

Menschliche Intelligenz hat ihre Wurzel in der natürlichen und in der gesellschaftlichen Evolution. Das neue Gehirn entstand aus der Sprache. Man kann sich über die Wege und Umwege in der Evolution der Intelligenz nicht genug wundern.

Ich bin Hirnforscher

Thomas Südhof ist ein Grenzgänger zwischen Europa und den USA. Er gehört zu den weltweit bedeutendsten Hirnforschern. Am milliardenschweren Human Brain Project ist er beteiligt. Vor etwa 800 Millionen Jahren, sagt er, entwickelten sich aus urzeitlichen Lebensformen die Tiere. Was sie von Anfang an auszeichnet, sind chemische und später elektrische Botenstoffe und Signale, die die lebendigen Reaktionen ausmachen. Aus dieser internen Kommunikation („empfindender Zellen“) entwickeln sich Nerven und Hirn. Die Potenz dieser Gehirne, vor allem die des menschlichen, ist enorm. Dies ist paradoxerweise der Unbestimmtheit und Ungenauigkeit der Informationsübertragung zwischen den Synapsen, den Verbindungs- und Nahtstellen zwischen den Elementen des Gehirns, zu verdanken. Gerade die Unbestimmtheit gibt die Chance für die Ausweitung der Information. In ihr besteht die Plastizität des Denkorgans. Dieses Gehirn, das untrennbar mit dem Körper verknüpft ist, bleibt auch für die modernste Forschung ein Rätsel. Ein Schwerpunkt der Forschung von heute bezieht sich auf die Krankheiten des Geistes, von denen Thomas Südhof annimmt, dass wir deren organische Basis künftig erkennen werden. Es gibt wenige Personen in der Welt, die so überzeugend sagen können „Ich bin Hirnforscher“ wie Prof. Dr. Südhof.

Erstausstrahlung am 19.11.2014

Das Orchester ohne Dirigent

Das menschliche Gehirn besteht aus einfachen Elementen, aber daraus produziert es Myriaden von Verknüpfungen. Dennoch ist seine Struktur dem World Wide Web entgegengesetzt. Die faszinierende Komplexität des Gehirns, sein Chaos und seine Ordnung, hat in der übrigen Natur kaum eine Entsprechung. Prof. Dr. Wolf Singer hat als Direktor des Max-Planck-Instituts für Hirnforschung in Frankfurt/Main sein Leben der Erforschung dieses einzigartigen Organs gewidmet. Es beherrscht sich nicht einmal selbst. Es ist ein “Orchester ohne Dirigent”.

Erstausstrahlung am 25.03.2012

Das flexible Gedächtnis

Prof. Dr. Eric R. Kandel, Columbia University New York, gilt als “Einstein der Hirnforschung”. Im Jahr 2000 erhielt er den Nobelpreis für Medizin für seine Forschungen über die biologischen Grundlagen des Geistes. An einer sehr einfachen Schnecke, die besonders große Nervenzellen besitzt, dem “Seehasen”, entdeckte er Proteine, aus denen das Langzeitgedächtnis besteht. Begegnung mit dem Nobelpreisträger Eric R. Kandel. Aus Anlass seines neuen Buches: “Auf der Suche nach dem Gedächtnis”.

Erstausstrahlung am 24.09.2006

Die Gedächtnisprüfmaschine

Das menschliche Gehirn ist ein Kosmos für sich. Die Hirnforscher bestätigen: Es ist 100.000 Mal mehr mit sich selbst befasst als mit den Informationen, die von den Sinnen und aus der Außenwelt kommen. Und zugleich ist dieses Gehirn verschränkt mit dem Gehirn anderer Menschen, den Institutionen, der Vorgeschichte. Das Gehirn ist ein gesellschaftliches Wesen. Es vermag zu kooperieren und es ist in wesentlichen Teilen aus Kooperation entstanden. Seine Evolution, seine Vielfalt und seine Lebendigkeit macht das Gehirn, obwohl es keine Person ist, “nicht spricht und sich nicht verhält” interessant für eine SOZIOLOGIE DES GEHIRNS. In seiner neuesten Publikation, die er einen Versuch nennt, hat Dirk Baecker eine solche Neurosoziologie entworfen. Außer auf die Ergebnisse der modernen Hirnforschung stützt er sich auf die Konzeptionen von Immanuel Kant und Sigmund Freud. Es zeigt sich, dass in deren Theoriegebäude, ebenso wie in den Forschungen Heinz von Foersters und Jean Piagets, ein materieller Kern steckt, der die intime Arbeitsweise der Gehirne exakt deutet. Prof. Dr. Dirk Baecker, Zeppelin-Universität Friedrichshafen, berichtet.

Erstausstrahlung am 05.11.2014