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Wieviel Krisen verträgt die Welt? – Page 5 – Alexander Kluge – Digital Audio

Show: Wieviel Krisen verträgt die Welt?

Im Minenfeld der Geschichte

Auf der MSC treffen sich jährlich Regierungschefs, Verteidigungs- und Außenminister, Militärexperten und Wirtschaftsführer von allen Kontinenten. Auf den Podien geht es um die Krisen der Welt und deren Lösung. Die Konferenz ist auch Gelegenheit für zweiseitige Gespräche und Verhandlungen. So fand hier am Vorabend eine wichtige Einigung zwischen den USA und Russland über den Friedensprozess in Syrien statt. Die Stimmung der diesjährigen Tagung war durch großen Ernst charakterisiert. In der Rede des russischen Premierministers Medwedew war die Rede von einem bereits ausgebrochenen NEUEN KALTEN KRIEG, der auch in einen heißen Konflikt übergehen könne. Regionale Machtgruppen und zwei Großmächte sind in Syrien am Werk. Die Migrationsströme (nicht nur aus dieser Konfliktzone) haben Europa unvorbereitet getroffen. Der Konfliktherd in der Ost-Ukraine ist eingedämmt, aber längst nicht „eingefroren“. Im chinesischen Meer bereitet sich eine Konfrontation zwischen China und den USA vor. Die Weltsituation ist in vieler Hinsicht unübersichtlich. Wir treffen auf den Sprecher der „Syrischen Hohen Delegation (HSC)“, auf Prof. Dr. Charles Kupchan, den Direktor für europäische Angelegenheiten im Nationalen Sicherheitsrat des Weißen Hauses, auf Dr. Fiona Hill, Russlandexpertin und Putin-Biografin von der Brookings Institution in Washington, auf den leidenschaftlichen Journalisten Georg Mascolo und den Schweizer Generalstabsoffizier und Journalisten Dr. Bruno Lezzi. Entgegen vielen Erwartungen glückten im Jahr 2015 diplomatische Durchbrüche in der Frage der iranischen Atomrüstung, in der Sache eines grundsätzlichen Fahrplans für Gespräche in der Syrien-Frage und, ebenso überraschend, im Dezember in Paris ein Anfang zu einer weltweiten Einigung zum Klima-Problem. Diese Lichtblicke stehen in einem ungleichen Verhältnis zur Zahl der „eingefrorenen“ und „heißen“ Konflikte, die rasant zunehmen. Die Weltkugel verfügt derzeit über zu viele Minenfelder. Eindrücke auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2016.

Erstausstrahlung am 30.03.2016

Das radikale Kalifat

Am Kings College in London besteht ein „Center for the Studies of Radicalization“. Es betreibt Terrorismusforschung. Mit Schwerpunkt untersucht diese Arbeitsgruppe die Frage, was junge Europäer zum IS treibt. Praktische Gegenwartsforschung verbindet sich mit Grundlagenforschung. Ausgangspunkt war, dass britische Djihadisten in Facebook und Instagram offen über ihre Aktivitäten berichteten. Die Forscher folgten ihnen über die Kommunikationslinien aufs Schlachtfeld. Die Kämpfer zeigten sich äußerst mitteilungsbedürftig. Gewöhnlich verbrennen sie bei ihrem Aufbruch zum IS ihre Pässe. Sie haben „die Schiffe hinter sich verbrannt“. Da sie mit keiner Rückkehr rechnen, scheuen sich nicht, wenn sich durch lebhaften kommunikativen Austausch selbst belasten. Ihr Lebensgefühl: „Noch in tausend Jahren wird über unsere Taten erzählt werden“. Die Forscher in London haben über 750 solcher „Wege ins Kalifat“ verfolgt. Es geht um junge Leute, die z.B. in den Vororten von Paris das Leben eines „Losers“ führen. Für ihr Gefühl werden sie als Kämpfer des Kalifats zu einem „100 % Winner“. Es geht um eine Jugendkultur und – was noch wichtiger ist – eine Gegenkultur, die Generationskämpfe durchführt. Wissenschaftliche Untersuchungen, die einen Zeitraum von über 100 Jahren erfassen, ergeben, dass Terror sich in Wellen vollzieht: von der  anarchistischen Welle, die im 19. Jahrhundert beginnt, über den Terror im frühen 20. Jahrhundert bis zu den Attentaten der Roten Armee Fraktion in den 1970er Jahren und dem religiösen Terror, der die Twin Towers traf, seien vier Wellen zu beobachten. Eine fünfte, hybride, neuartige, sei zu erwarten. Auffällig ist die Begrenzung jeder Welle auf etwa eine Generation (30 Jahre). Auch dies spricht für den Zusammenhang von „Jugendkultur“, Generationskonflikt und gewalttätigem Protest. Auffällig ist die Tatsache, wie schwer es ist, aus der sozialen und militärisch bewachten Gruppe im Islamischen Staat zu desertieren. Der Typ des Selbstmordattentäters bedarf weiterer Forschung. In der europäischen Zivilgesellschaft wird unterschätzt, wie häufig Selbstmordattentäter in der Geschichte und in nicht-europäischen Gesellschaften sind. Das Neue liegt in der rasanten Zunahme der Fälle. Die ältere Generation in den muslimischen Gesellschaften, einschließlich ihrer Imame, ist nicht vorbereitet auf die Angriffslust der Jungen im Kalifat. Auf wesentliche Fragen Jugendlicher nach Identität, Droge und Sex gibt es dort keine Antworten. Für die Terrorismusforschung geht es um drei große Fragen: 1. Prävention, 2. Intervention, 3. De-Radikalisierung. Man kommt den Antworten nicht näher, wenn man die Radikalisierung des Kalifats unterschätzt. So sind dort die drei Merkmale eines Staates: Territorium, Verwaltung und Gewaltmonopol, verwirklicht, wir würden uns aber trotzdem scheuen, dieses Gewaltgebilde einen Staat zu nennen.  Was aber wäre ein besserer Ausdruck dafür? Prof. Dr. Peter Neumann, Kings College London, Leiter des „Center for the Studies of Radicalization“, berichtet.

Erstausstrahlung am 04.04.2016

Homo migrans

Flucht und Migration von Menschen, wie wir sie heute erleben, ist keine Ausnahme, sondern eine Dauererscheinung der Geschichte. Es sind oft die gleichen Grenzübergänge. Aus Ungarn z.B. fliehen über die gleichen Stationen 1956, nach Niederschlagung des ungarischen Aufstands gegen die Russen, die Ungarn selbst in den West. 1989 kamen über die gleiche Grenze die DDR-Flüchtlinge. Und heute ist es der Flüchtlingsstrom aus Syrien. Ganz andere Flüchtlingskolonnen bilden vor 300 Jahren die von der Gegenreformation verfolgten Salzburger Protestanten. Ein weiteres Beispiel sind die Hugenotten aus Frankreich, die nach den Massakern der Bartholomäus-Nacht von dort nach Deutschland emigrieren. Die Hugenotten bringen für Preußen einen Innovationsschub um mehr als 50 Jahre. Migration existiert seit unsere Vorfahren aus Afrika, vor etwa 120.000 Jahren, auswanderten und die Welt eroberten. Große Migrationsschübe im 19. Jahrhundert aus Hunger und aus politischen Gründen sollten wir auf dem Hintergrund der Gegenwart neu in Erinnerung bringen. Deutsche Auswanderer waren für die Besiedelung der U.S.A. entscheidend. Migration ist ein weitgehend noch unerforschtes Gebiet. Der Migrationsforscher und Regierungsberater Prof. em. Dr.  Klaus J.  Bade, Vorsitzender des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR), berichtet.

Erstausstrahlung am 13.04.2016

Das Auge des Präsidenten

Im Weißen Haus bildet der Nationale Sicherheitsrat die Agentur, die zwischen dem Willen des Präsidenten und den großen politischen Ressorts der USA vermittelt. Der Sicherheitsrat hat zu tun mit dem Außen- und dem Verteidigungsministerium, dem Kongress und den Realitäten in der Welt draußen. Charles A. Kupchan ist der Europa-Direktor dieser Institution. Er und sein Team sind ein wesentlicher Teil der „Sinnesorgane“, mit denen das Weiße Haus auf die Welt blickt. Wenn am selben Tag eine Krise in Zentralafrika, eine zweite in Bezug auf die Spratly-Inseln im Chinesischen Meer, ein Zwischenfall im Osten der Ukraine und eine Zuspitzung in Syrien aufeinander treffen, sieht man, wie wichtig die Filterung des „absurden Zuviel“ an Informationen für das Entscheidungszentrum der USA ist. Was soll man weglassen? Was muss unbedingt vor die Augen des Präsidenten? In seinem zivilen Beruf, den er ausübte, bevor er unter Clinton und jetzt erneut unter Obama in den Staatsdienst trat, war Prof. Dr. Charles A. Kupchan Universitätslehrer an Georgetown University in Washington. Spezialgebiet: Konflikte und Friedensschlüsse in der europäischen Geschichte seit dem 13. Jahrhundert. Sein bekanntestes Buch heißt: „Wie aus Feinden Freunde wurden“, eine erfahrungsreiche geschichtliche Analyse, die von der legendären Konföderation der 5 Irokesenstämme im mittelalterlichen Amerika bis zum Ursprung der Schweizer Kantone im europäischen Mittelalter reicht. Historische Erfahrung bildet einen guten Spiegel für die aktuell-politische Verantwortung, mit der Charles A. Kupchan täglich konfrontiert wird. Begegnung mit Prof. Dr. Charles A. Kupchan.

Erstausstrahlung am 13.06.2016

Ungemütliche Zeiten

Der Planet Erde hat im Jahr 2017 an Sicherheit und friedlicher Ruhe nicht gewonnen. Die neue Führung im Weißen Haus, der Brexit, der nicht enden wollende Krieg in Syrien, die Spannungen in Fernost: nichts davon ist gemütlich. Jedes Jahr treffen sich auf der Münchner Sicherheitskonferenz über 100 Staatslenker und Strategen aus Wirtschaft und Militär aus aller Welt. Der Leiter des außenpolitischen Ressorts der SZ, Stefan Kornelius, nennt diese Konferenz, in der die kontroversen Stimmen der Welt auf einmalige Weise zusammentreffen (und in deren Hintergrund viel Politik stattfindet), einen “Schnellkochtopf mit verschlossenem Deckel”. Dieser Kessel, sagt Kornelius, steht in diesem Jahr kurz vor der Explosion. Alle sind auf Vorsicht getrimmt. Wir treffen auf Experten wie Ken Weinstein, den Chef des Hudson Instituts, einen markanten Republikaner aus dem Umkreis des U.S.-Vizepräsidenten Pence, auf den Chef der Brookings Institution, eines der größten Think-Tanks in Washington, Strobe Talbott. Er gehörte zu den erfahrensten U.S.-Strategen im Kalten Krieg. Wir sprechen mit Ignatius II Ephraim, dem Patriarchen von Antiochien (mit Sitz in Damaskus), dessen Kirche im Jahre 37 nach Christus vom Apostel Petrus begründet wurde (jetzt inmitten der Syrien-Krise). Das Mitglied der Chefredaktion der ZEIT Holger Stark berichtet aufgrund seiner Beobachtungen aus 4 Jahren USA. Auf dieser Konferenz treffen der russische Außenminister Lawrow mit dem neuen U.S.-Außenminister Tillerson zusammen, die Bundeskanzlerin sitzt auf Tuchfühlung mit dem U.S.-Vizepräsidenten Pence, der die Twitter-Botschaften seines Präsidenten (mithilfe von bis zu 12 Dolmetschern in allen Sprachen der Konferenz) für Europäer zu übersetzen versucht.

Erstausstrahlung am 11.04.2017

Trump klopft ans Tor der Welt

Die drei Fragen nach Post-Truth? Post-Fact? Post-West? (Ist der Westen am Ende, die Nato vor der Auflösung?) standen im Mittelpunkt der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz. Der Schatten des neuen U.S.-Präsidenten lag über der Versammlung, zu der mehr als 100 Regierungschefs, Militärs und Wirtschaftsführer sich versammelt hatten. Der Leiter des Investigationsverbunds WDR, NDR und SZ, Georg Mascolo, das Mitglied der Chefredaktion der ZEIT, Holger Stark (er erlebte die vier letzten Jahre in den U.S.A.) und der Strategiespezialist Bruno Lezzi von der NZZ berichten.

Erstausstrahlung am 12.06.2017

Die Allzeitigkeit des Kriegs

Immer wieder gab es eine jüngere Generation, die behauptete: Carl von Klausewitz, der Verfasser des legendären Buchs VOM KRIEGE, sei nicht mehr aktuell. Dann erweist sich, dass das Chamäleon Krieg gerade in der Moderne immer erneut seine ältesten Seiten zeigt. So gehören der U.S.-General Petraeus, der im Irak und in Afghanistan führte, und der neue nationale Sicherheitsberater von Präsident Trump, General McMaster, zu den Anhängern von Klausewitz. Besonders die Schriften über den Partisanenkrieg und den bewaffneten Volksaufstand sind von größter Aktualität. Klausewitz schrieb darüber im Interesse der Aufständischen (mit denen Napoleon nie fertig wurde). Die Theoretiker der “Counter Insurgency” interessieren sich umgekehrt dafür, wie man einer Rebellion das Wasser abgräbt. James W. Davis, Hochschullehrer und Dean an der Universität St. Gallen über die von ihm übersetzten Schriften von Klausewitz über den “Kleinen Krieg”. Ein wichtiger aktueller Beitrag in der transatlantischen Kommunikationsbrücke. Eine Begegnung am Rande der MSC mit James W. Davis und mit den als Theorie unverzichtbaren Gedankengängen von Klausewitz, wenn man etwas gegen die “wilde Aggression” tun will.

Erstausstrahlung am 17.07.2017

Krieg ohne Fronten

Der Vietnam-Krieg sollte den Beweis dafür erbringen, dass die USA auch unter den Bedingungen des Kalten Kriegs militärisch erfolgreich aktiv sein könnten. Große Kriege schloss die Atombombe aus. Die Hoffnung der Militärs, ihre Überlegenheit zu beweisen, konzentrierte sich auf kleine, asymmetrische Kriege. Der so von den USA mit Optimismus begonnene Krieg in Vietnam ging verloren. In der Schlussphase kam es zu Massakern. Sie entstanden gerade dort, wo die Lage aussichtslos war. Verzweiflung macht brutal. Der Historiker Prof. Dr. Bernd Greiner, Universität Hamburg, (sein Buch heißt KRIEG OHNE FRONTEN) berichtet.

Erstausstrahlung am 12.01.2009

Mit den Augen Frankreichs

Admiral Jacques Lanxade, fünf Jahre lang Generalstabschef der Streitkräfte Frankreichs und Chefberater im ersten Golfkrieg, war im Suez-Krieg von 1956 junger Offizier. Bei diesem Feldzug wurden einst England und Frankreich in ihrem Siegeszug gegen Ägypten, einem illegalen Präventivkrieg, von der Supermacht U.S.A. gestoppt. Das bleibt nachhaltig in Erinnerung des Admirals. Der Admiral berichtet über die Blickrichtung der französischen Militärplanungen und die weltweiten Engagements Frankreichs. Porträt eines französischen Strategen.

Erstausstrahlung am 06.04.2003