Das Auge des Präsidenten

Im Weißen Haus bildet der Nationale Sicherheitsrat die Agentur, die zwischen dem Willen des Präsidenten und den großen politischen Ressorts der USA vermittelt. Der Sicherheitsrat hat zu tun mit dem Außen- und dem Verteidigungsministerium, dem Kongress und den Realitäten in der Welt draußen. Charles A. Kupchan ist der Europa-Direktor dieser Institution. Er und sein Team sind ein wesentlicher Teil der „Sinnesorgane“, mit denen das Weiße Haus auf die Welt blickt. Wenn am selben Tag eine Krise in Zentralafrika, eine zweite in Bezug auf die Spratly-Inseln im Chinesischen Meer, ein Zwischenfall im Osten der Ukraine und eine Zuspitzung in Syrien aufeinander treffen, sieht man, wie wichtig die Filterung des „absurden Zuviel“ an Informationen für das Entscheidungszentrum der USA ist. Was soll man weglassen? Was muss unbedingt vor die Augen des Präsidenten? In seinem zivilen Beruf, den er ausübte, bevor er unter Clinton und jetzt erneut unter Obama in den Staatsdienst trat, war Prof. Dr. Charles A. Kupchan Universitätslehrer an Georgetown University in Washington. Spezialgebiet: Konflikte und Friedensschlüsse in der europäischen Geschichte seit dem 13. Jahrhundert. Sein bekanntestes Buch heißt: „Wie aus Feinden Freunde wurden“, eine erfahrungsreiche geschichtliche Analyse, die von der legendären Konföderation der 5 Irokesenstämme im mittelalterlichen Amerika bis zum Ursprung der Schweizer Kantone im europäischen Mittelalter reicht. Historische Erfahrung bildet einen guten Spiegel für die aktuell-politische Verantwortung, mit der Charles A. Kupchan täglich konfrontiert wird. Begegnung mit Prof. Dr. Charles A. Kupchan.

Erstausstrahlung am 13.06.2016

Ungemütliche Zeiten

Der Planet Erde hat im Jahr 2017 an Sicherheit und friedlicher Ruhe nicht gewonnen. Die neue Führung im Weißen Haus, der Brexit, der nicht enden wollende Krieg in Syrien, die Spannungen in Fernost: nichts davon ist gemütlich. Jedes Jahr treffen sich auf der Münchner Sicherheitskonferenz über 100 Staatslenker und Strategen aus Wirtschaft und Militär aus aller Welt. Der Leiter des außenpolitischen Ressorts der SZ, Stefan Kornelius, nennt diese Konferenz, in der die kontroversen Stimmen der Welt auf einmalige Weise zusammentreffen (und in deren Hintergrund viel Politik stattfindet), einen “Schnellkochtopf mit verschlossenem Deckel”. Dieser Kessel, sagt Kornelius, steht in diesem Jahr kurz vor der Explosion. Alle sind auf Vorsicht getrimmt. Wir treffen auf Experten wie Ken Weinstein, den Chef des Hudson Instituts, einen markanten Republikaner aus dem Umkreis des U.S.-Vizepräsidenten Pence, auf den Chef der Brookings Institution, eines der größten Think-Tanks in Washington, Strobe Talbott. Er gehörte zu den erfahrensten U.S.-Strategen im Kalten Krieg. Wir sprechen mit Ignatius II Ephraim, dem Patriarchen von Antiochien (mit Sitz in Damaskus), dessen Kirche im Jahre 37 nach Christus vom Apostel Petrus begründet wurde (jetzt inmitten der Syrien-Krise). Das Mitglied der Chefredaktion der ZEIT Holger Stark berichtet aufgrund seiner Beobachtungen aus 4 Jahren USA. Auf dieser Konferenz treffen der russische Außenminister Lawrow mit dem neuen U.S.-Außenminister Tillerson zusammen, die Bundeskanzlerin sitzt auf Tuchfühlung mit dem U.S.-Vizepräsidenten Pence, der die Twitter-Botschaften seines Präsidenten (mithilfe von bis zu 12 Dolmetschern in allen Sprachen der Konferenz) für Europäer zu übersetzen versucht.

Erstausstrahlung am 11.04.2017

Trump klopft ans Tor der Welt

Die drei Fragen nach Post-Truth? Post-Fact? Post-West? (Ist der Westen am Ende, die Nato vor der Auflösung?) standen im Mittelpunkt der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz. Der Schatten des neuen U.S.-Präsidenten lag über der Versammlung, zu der mehr als 100 Regierungschefs, Militärs und Wirtschaftsführer sich versammelt hatten. Der Leiter des Investigationsverbunds WDR, NDR und SZ, Georg Mascolo, das Mitglied der Chefredaktion der ZEIT, Holger Stark (er erlebte die vier letzten Jahre in den U.S.A.) und der Strategiespezialist Bruno Lezzi von der NZZ berichten.

Erstausstrahlung am 12.06.2017

Die Allzeitigkeit des Kriegs

Immer wieder gab es eine jüngere Generation, die behauptete: Carl von Klausewitz, der Verfasser des legendären Buchs VOM KRIEGE, sei nicht mehr aktuell. Dann erweist sich, dass das Chamäleon Krieg gerade in der Moderne immer erneut seine ältesten Seiten zeigt. So gehören der U.S.-General Petraeus, der im Irak und in Afghanistan führte, und der neue nationale Sicherheitsberater von Präsident Trump, General McMaster, zu den Anhängern von Klausewitz. Besonders die Schriften über den Partisanenkrieg und den bewaffneten Volksaufstand sind von größter Aktualität. Klausewitz schrieb darüber im Interesse der Aufständischen (mit denen Napoleon nie fertig wurde). Die Theoretiker der “Counter Insurgency” interessieren sich umgekehrt dafür, wie man einer Rebellion das Wasser abgräbt. James W. Davis, Hochschullehrer und Dean an der Universität St. Gallen über die von ihm übersetzten Schriften von Klausewitz über den “Kleinen Krieg”. Ein wichtiger aktueller Beitrag in der transatlantischen Kommunikationsbrücke. Eine Begegnung am Rande der MSC mit James W. Davis und mit den als Theorie unverzichtbaren Gedankengängen von Klausewitz, wenn man etwas gegen die “wilde Aggression” tun will.

Erstausstrahlung am 17.07.2017

Krieg ohne Fronten

Der Vietnam-Krieg sollte den Beweis dafür erbringen, dass die USA auch unter den Bedingungen des Kalten Kriegs militärisch erfolgreich aktiv sein könnten. Große Kriege schloss die Atombombe aus. Die Hoffnung der Militärs, ihre Überlegenheit zu beweisen, konzentrierte sich auf kleine, asymmetrische Kriege. Der so von den USA mit Optimismus begonnene Krieg in Vietnam ging verloren. In der Schlussphase kam es zu Massakern. Sie entstanden gerade dort, wo die Lage aussichtslos war. Verzweiflung macht brutal. Der Historiker Prof. Dr. Bernd Greiner, Universität Hamburg, (sein Buch heißt KRIEG OHNE FRONTEN) berichtet.

Erstausstrahlung am 12.01.2009

Mit den Augen Frankreichs

Admiral Jacques Lanxade, fünf Jahre lang Generalstabschef der Streitkräfte Frankreichs und Chefberater im ersten Golfkrieg, war im Suez-Krieg von 1956 junger Offizier. Bei diesem Feldzug wurden einst England und Frankreich in ihrem Siegeszug gegen Ägypten, einem illegalen Präventivkrieg, von der Supermacht U.S.A. gestoppt. Das bleibt nachhaltig in Erinnerung des Admirals. Der Admiral berichtet über die Blickrichtung der französischen Militärplanungen und die weltweiten Engagements Frankreichs. Porträt eines französischen Strategen.

Erstausstrahlung am 06.04.2003

Deutschland in der UNO

In der UNO wird das Völkerrecht gewahrt und fortgeschrieben. Sie ist die einzige Repräsentanz aller Völker der Erde. In ihrer Charta ist das Gewaltverbot verankert. Ein solches multilaterales Regelwerk ist das einzige Gegengewicht gegen eine Politik des Stärkeren, die im 21. Jahrhundert neue Blüten treibt. Die Bundesrepublik Deutschland wird in den Vereinten Nationen durch den Botschafter Dr. Gunter Pleuger vertreten. Er berichtet.

Erstausstrahlung am 05.06.2005

Uscita – “Die Nachricht vom Ausweg”

Unter dem Eindruck des Terrors im 21. Jahrhundert, der mit den Twin Towers begann, schrieb Giorgio Agamben sein Buch: „Stasis: Der Bürgerkrieg als politisches Paradigma“. Der große italienische Philosoph unterscheidet dabei OIKOS, die Lebenswelt, POLIS, die Stadt und STASIS als den Aufstand, die Krise, den Weltbürgerkrieg. Er knüpft an die Theorien hierüber an, die auf den englischen Philosophen Hobbes zurückgehen. Auch Hegels PHÄNOMENOLOGIE DES GEISTES legt hierzu eine theoretische Grundlage, wenn in diesem Werk die Treue zur Familie im Fall der Antigone mit dem System des Staates, vertreten durch den König Kreon, in einen tödlichen Konflikt gerät. Agamben ist darüber verwundert, dass es bis heute keine zusammenhängende Theorie des Terrors gibt, obwohl Carl Schmitt die dazu nötigen Fragen in seiner THEORIE DES PARTISANEN längst aufgeworfen hat. Im Zentrum von Giorgio Agambens Theorie steht der Begriff der Amnestie. Agamben stützt sich hier auf eine theologische Dimension: Es geht nicht um einfaches Ausschalten einer Strafvollstreckung, auch nicht einfach um Vergessen, vielmehr wird Erinnerung umgewandelt und neues Leben ermöglicht: „Das, was vollendet war, wird unvollendet gemacht.“ Die Vergangenheiten können neu angeeignet werden. Alles dies gehört zum ABC des 21. Jahrhunderts. Archäologie, sagt aber Agamben, ist die einzige Straße, die wirklich zur Gegenwart führt. Begegnung mit Giorgio Agamben in Venedig.

Erstausstrahlung am 05.03.2018

Was versteht die Bush-Administration unter Gleichgewicht?

Fürst Metternich, Fürst Bismarck und U.S.-Außenminister Kissinger prägten den Begriff Realpolitik. Für die Bush-Administration tritt nach dem 11.9. eine Politik moralischer Werte hinzu. Was bedeutet dies für das Gleichgewicht in der Welt? Tritt an die Seite der ökonomischen Globalisierung eine moralische? Jeffrey Gedmin, Direktor des Aspen Institute, berichtet.

Erstausstrahlung am 06.05.2002