Nur Idioten fahren frühmorgens in die Rote Zone

Hautnah berichtet Gudrun Harrer von ihrer diplomatischen Mission im Irak. Sie war dort tätig als Sondergesandte der Österreichischen EU-Präsidentschaft und als Gesandte ihrer Republik. Sichere Plätze, sagt sie, gibt es im Irak nirgends, auch nicht für Diplomaten. Man lebt als westlicher Diplomat in der sogenannten Grünen Zone, die militärisch scharf abgesichert ist; absolute Sicherheit gibt es auch hier nicht. Wie aber bewegt man sich in der sogenannten Roten Zone, d.h. im übrigen Bagdad und dem weitläufigen Irak? Wie viel Leibwache braucht man? Zu welchen Tageszeiten soll man auf keinen Fall sich in der Roten Zone bewegen? Gudrun Harrer ist Islamistin und Arabistin. Sie war als Journalistin tätig, bevor sie in ihrer diplomatischen Mission (für 6 Monate war sie die ranghöchste Vertreterin Europas) sich an den – oft hoffnungslosen – Vermittlungsversuchen im Irak beteiligte. Wie entstand dieses Land? Welche Gruppen kämpfen miteinander? Welche Chancen gibt es für eine Lösung? Begegnung mit Gudrun Harrer, Diplomatin in Bagdad.

Erstausstrahlung am 12.11.2006

Die Gefahr lauert am schwächsten Punkt

Konfliktherde wie in KASCHMIR, im ERWEITERTEN NAHEN OSTEN und im KOSOVO schwelen ungelöst über Jahre oder Jahrzehnte dahin. Bei jeder neuen Krise in der Welt, auch wenn diese an ganz anderer Stelle auftritt, flammen sie auf. U.S.-Botschafter (ret.) Richard C. Holbrooke war einer der Chef-Verhandler auf dem Balkan. Die Kunst Frieden zu machen, die sein Beruf ist, sagt er, wird täglich schwieriger. Begegnung mit Richard C. Holbrooke.

Erstausstrahlung am 09.05.2004

Gewalt wird zur ersten Option

In 6.000 Jahren der landwirtschaftlichen Revolution, die die modernen Menschen hervorgebracht hat, haben sich Gewalt und Grausamkeit als finale Mittel des sozialen Handelns erwiesen, sobald es ums eigene Überleben geht. Diese Erfahrungstatsache erhält aktuelles Gewicht durch die Klimaveränderung in der Welt, die nicht die Starken und die Verursacher, sondern die Schwachen, welche die Klimakatastrophe nicht ausgelöst haben, trifft. In seinem Buch KLIMAKRIEGE hat der Sozialpsychologe Prof. Dr. Harald Welzer die besonders Gewalt-offenen Räume unseres Planeten (z.B. Darfur im Sudan) untersucht. An den Anfang seines Buches stellt er ein Menetekel: die katastrophale Geschichte der Osterinsel im Pazifik. Zwölf Clans bewohnten diese Insel, bevor sie von westlichen Seefahrern entdeckt wurde. Im Kampf gegeneinander und mit der Natur errichteten sie imponierende Monumente, die sie den Göttern weihten, ähnlich wie in Europa Kathedralen gebaut wurden. In diesen religiösen Rüstungsbauten, aber auch im aggressiven Wettbewerb und Kampf miteinander plünderten und entholzten sie die Insel, bis sie bis auf wenige ausstarben. Dies, sagt Harald Welzer, kann auch das Schicksal der Menschheit werden, wenn nicht andere Optionen an die der Gewalt treten. Der Satz “Das Fleisch Deiner Mutter hängt zwischen meinen Zähnen” gehört zur Ausdrucksweise im aggressiven Kampf der Clans auf der Osterinsel.

Erstausstrahlung am 06.04.2009

Flucht auf die harte Tour

Wolfgang Bauer, Reporter der ZEIT, erforschte die Praxis von Schleuserbanden im Mittelmeer, indem er sich mit einem Gefährten undercover an einer Flucht beteiligte. Am eigenen Leib lernte er die Praktiken und vor allem die Kämpfe rivalisierender Schlepperbanden kennen, die einander die lukrative Beute, die Flüchtlingsgruppen, entführen, gegen einen Aufpreis zurückgeben, und so ihre Rendite erhöhen. Der Preiskampf findet die ganze Zeit über statt und kann auch zum Scheitern der Fruchtschiffe führen. Es gibt wenig Augenzeugenberichte deutscher Journalisten, direkt aus dem Fluchtgeschehen. Erst durch das Augenzeugnis wird die “harte Tour” deutlich, aus der die Flucht besteht. Am Tag, an dem wir mit Wolfgang Bauer sprechen, reist er bereits zu einem neuen Einsatz in Nigeria. Dort geht es um den Terror der Boko Haram im Nordosten des Landes. Nach den Beobachtungen Wolfgang Bauers ist dieser Terror nicht nur islamisch begründet, sondern besitzt ältere stammesgeschichtliche Gründe. Im 10. Jahrhundert gab es in dem Gebiet, auf dem heute Terror herrscht, blühende Königreiche, die mit denen der Ottonen und dem Reich Barbarossas in Europa gleichzeitig existierten. Wolfgang Bauer berichtet.

Erstausstrahlung am 23.03.2016

Wie das 20. Jahrhundert entgleiste!

Im Jahr 2014 jährt sich der Kriegsausbruch des 1. Weltkriegs zum 100. Mal. In der Zeit vor diesem Krieg erlebten Europa und die USA eine erste Globalisierung. Kunst, Zivilisation (außer für die Kolonien), Transportwege und Industrien blühten. Der August 1914 brachte dann einen krassen Zivilisationsbruch, den niemand erwartet hatte. Man sagt: Damals gingen in Europa die Lichter aus. Sie wurden eigentlich nie wieder in der alten Art angezündet. Nach der Beobachtung namhafter Historiker kamen die Waffen tatsächlich erst nach 31 Jahren, im Jahre 1945, wirklich zur Ruhe. Die zivilisatorischen Folgekosten des Kriegs – bis hin zu Auschwitz – waren noch schlimmer als der Krieg selbst. Es ist deshalb wichtig, sich zu erinnern: DER ERSTE WELTKRIEG BRACHTE DAS 20. JAHRHUNDERT ZUR ENTGLEISUNG. Was gibt uns heute die Sicherheit, dass unser 21. Jahrhundert nicht entgleisen kann? Da aus dem 1. Weltkrieg nichts Wirkliches gelernt wurde, bleibt sein Erfahrungsgehalt und seine Probleme bis heute aktuell. Wie es Ernst Jünger formuliert: “Wer die Massaker nicht erinnert, pflegt sie.” Eine 90-Minuten-Sendung in 15 Abschnitten. Mit u.a. Jörg Friedrich (Publizist und Historiker), Sönke Neitzel (Zeitgeschichte), Markus Pöhlmann (Militärhistoriker), John C.D. Roehl (Autor und Historiker), Bernhard R. Kroener (Militärhistoriker). Mit Musik von Gustav & Band, Kraud’n Sepp, Pierre Boulez, Bernd Alois Zimmermann (DIE SOLDATEN).

Erstausstrahlung am 07.03.2010

Europa, unbeschriebenes Blatt

Was heißt: ich bin ein Europäer? Wie weit soll sich die EU ausdehnen? Was ist ein europäischer Patriotismus? Wie könnte man als Dichter Europa positiv besingen? Was ist die genaue Topografie Europas und seiner Probleme? Gibt es einen Weg zu einem „Europa der Regionen“? Was heißt nach-nationale Demokratie? Wie romantauglich sind EU-Beamte? Worin liegt die besondere Chance der europäischen Struktur? Wo werden wir Europäer im 21. Jahrhundert sein? Wird das Abendland irgendwann untergehen?

Europa, unbeschriebenes Blatt

Was heißt: Ich bin ein Europäer? Die Schweiz ist nicht Mitglied der EU, aber europäisch. Zypern ist Mitglied der EU, aber gehört zum Nahen Osten. Was ist ein europäischer Patriotismus? Prof. Dr. Joseph Vogl, Literaturwissenschaftler an der Humboldt-Universität zu Berlin, geht aus von der Frage: Was heißt SOUVERÄN? Der Begriff, der die Entwicklung der Territorialstaaten seit dem Westfälischen Frieden von 1648 begleitete, bedeutet: Menschen können über ihr Schicksal selber entscheiden. Diese politische Atemluft muss an der Basis und an der Spitze eines Gemeinwesens reichhaltig vorhanden sein. Das jüngste Buch von Joseph Vogl über das “Gespenst des Kapitals” wurde zum aktuellen Thema. Die Frage, wie verhalten sich europäische Problemketten, wie verhält sich der Markt zur demokratischen Souveränität des jeweiligen Landes, stellt die Analyse Joseph Vogls in ein wirkungsvolles Licht.

Erstausstrahlung am 18.11.2012

Die Gärten des Rechts

Gutes Recht gehört zur Zivilisation. Das europäische Recht von heute blickt auf eine Überlieferung von mehr als 2.000 Jahren, d.h. bis auf die Antike zurück. Große Rechtsschulen haben dieses Recht entworfen, kommentiert und erneuert. Der Europäischen Union verdankt die neuste Rechtsentwicklung ihre rasante Dynamik. Prof. Dr. Dr. Stefan Grundmann, Mitbegründer der European Law School und Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Deutsches-, Europäisches- und Internationales Privat- und Wirtschaftsrecht an der Humboldt-Universität Berlin, berichtet.

Erstausstrahlung am 20.07.2008

Europa für alle!

Europa im Sinne der EU, das sind 80.000 Richtlinien. Wer sie erfüllt, kann grundsätzlich den Antrag auf Beitritt stellen. Wäre z.B. Neuseeland “europäisch” genug, um einen solchen Antrag zu stellen? Sind Bewohner des Pamir als Kandidaten geeignet, die ihre Traditionen (und Pferde) auf Alexander den Großen zurückführen? Ist ein EU-Beitritt ein Beitritt zum Abendland? EU-Beitrittsexperte Nigel Vandamme berichtet. Peter Berling als Nigel Vandamme.

Erstausstrahlung am 06.11.2006