Der Schrei, dem niemand widersteht

Der Säuglingsschrei trifft bei normalen Eltern auf eine angeborene Folgebereitschaft. Bei Menschen ebenso wie bei Schimpansen. Zum Forschungsfeld der Bioakustiker gehören diese Schreie, das Lallen, die Ammensprache ebenso wie die Sprache der Erwachsenen. Dr. Hartmut Rothgänger, Charité Berlin, berichtet über seine Forschung.

Erstausstrahlung am 02.06.2008

Lachen ist, wenn die Angst vergeht

Die Paläontologen wissen, dass die Fähigkeit zu lachen eine Eigenschaft ist, die unsere Vorfahren schon vor 15 Millionen Jahren besaßen. Lachen ist älter als der aufrechte Gang und die Sprache. Man kann, sagt der Kulturforscher Dr. Rainer Stollmann, noch etwas hinzufügen: Bei der Entstehung des aufrechten Gangs wurde die untere Hälfte der Menschen für Bodenhaftung, Verdauung und Triebzwecke, die obere Hälfte für den Atem, den Geist, das Spinnen und das Virtuelle spezialisiert. Die Lachmuskulatur, d.h. das Zwerchfell, liegt als Partisanenzone dazwischen und ist seither unbeherrschbar: weder zu beeinflussen durch die Vernunft noch durch die Realitäten. Diese Partisanen des Zwerchfells unterliegen keinem Sinnzwang. An Beispielen aus: DINNER FOR TWO, Heinz Erhardt, Harald Schmidt und Helge Schneider entwickelt Rainer Stollmann Hinweise, worin diese zentrale menschliche Tugend der SINNFREIHEIT beruht. Auffällig ist der Unterschied zwischen dem WITZ der bürgerlichen Periode, wie ihn Sigmund Freud interpretiert und der GROTESKE des Mittelalters, wie sie für bäuerliche Gesellschaften charakteristisch ist. (“Lachen ist das Denken der Bauern”)

Erstausstrahlung am 10.12.2000

Was heißt lernen?

Prof. Dr. Klaus Obermayer leitet eine Arbeitsgruppe an der Technischen Universität Berlin, die an der Nahtstelle von Biologie und Physik die Zukunft maschineller und menschlicher Intelligenz erforscht. Computer rechnen, Menschen lernen. Was bedeutet dieser Unterschied für die Architektur des Verstehens? Was bedeutet dieser Unterschied für die Evolution der Computer und die der Menschen?

Erstausstrahlung am 01.12.2008

“Der Tango der Verantwortung”

Der Arzt und Biologe Humberto Maturana von der Universität Santiago ist Vertreter der modernen Systemtheorie. Er befasst sich mit den 3 Millionen Jahren, in denen die Menschen sich in ihrer gemeinsamen Art und Weise, Erfahrungen zu machen, eingerichtet haben. Liegt dieses Gemeinsame im Gehirn, in den Körpern, in der Umwelt, in der Sprache? Es ist fesselnd, wie Humberto Maturana die Fähigkeit Verantwortung festzumachen aus der Vorarbeit von 300000 Generationen ableitet. “Der Tango der Verantwortung” lautet in seinem spanischen Originaltext: “Jawohl, Herr Sergeant, ich trage die Mordwerkzeuge und alle Gemordete in einem Koffer mit mir, ja, ich stehe zu meinen Taten!”

Erstausstrahlung am 29.08.1994

Vom Lachen und dem aufrechten Gang

Die Gesichter von Affen und Menschen besitzen 50 Muskeln. Sie sind nötig für Mimik, das Lachen und das Weinen: 60 Millionen Jahre Evolution waren nötig, um diese Eigenschaften, die für die Bildung von Gesellschaften Voraussetzung sind, zu entwickeln. In einer langen Zeitspanne entstand auch der aufrechte Gang. Der Biologe Prof. Dr. Carsten Niemitz, Freie Universität Berlin, hat Forschungen vorgelegt, die darauf hindeuten, dass der aufrechte Gang vor allem dadurch begünstigt wurde, weil Menschen ursprünglich ihren evolutionären Vorteil in der Zone zwischen Wasser und Land suchten. Sie waren Ufertiere. Prof. Dr. Carsten Niemitz über das Lachen und die Geheimnisse des aufrechten Ganges.

Erstausstrahlung am 30.04.2006

Der lange Marsch zum Homo sapiens

Von der absoluten Urzeit bis zu “Adams Eltern”. In der Urzeit war die Erde zeitweise komplett von Eis bedeckt. Andere Welten dieser Urzeit zeigen uns unbekannte Kontinente. Erst seit 2,5 Millionen Jahren gibt es Werkzeuge und die “Gattung Mensch”. Prof. Dr. Friedemann Schrenk, Paläobiologe an der Universität Frankfurt, berichtet.

Erstausstrahlung am 14.01.2007

Eine Geographie des Wissens in der Welt

Die Wüsten und Oasen des Wissens sind auf dem Erdball ungleich aufgeteilt. Europa, Silicon Valley und die Ostküste der USA dominieren. Konzentrate oder Defizite von Wissen und Innovation entscheiden über die Zukunft ganzer Kontinente. Auf dem Convoco!-Forum in Salzburg (von Dr. Corinne Michaela Flick geleitet) stellte Prof. Dr. Mayer-Schönberger, Oxford Internet Institute, eine vielbeachtete GEOGRAPHIE DER WISSENSVERBREITUNG in der Welt zur Diskussion. Begegnung mit dem Wissenschaftler und Internet-Experten Prof. Dr. Mayer-Schönberger.

Erstausstrahlung am 10.10.2011

Silicon Valley

In der Bucht von San Francisco liegen zwei Welten einander gegenüber: an dem einen Ufer eines der dominanten und offensten Zentren freier Wissenschaft – die Berkeley University. An dem anderen Ufer die weniger renommierte Stanford University – “Keimzelle” und “Brutreaktor” für das mächtigste Tal der Welt: das Silicon Valley. In diesem legendären Tal entsteht ein virtueller neuer “Kontinent der unbegrenzten Machbarkeit”. Es handelt sich um eine Intelligenzform, eine Lebenskultur, eine Doktrin und eine überwältigend große reale Macht. Mancher Europäer, der im 21. Jahrhundert hierher gelangt, kann sich in der Rolle eines Eingeborenen fühlen, der im 19. Jahrhundert, zu Beginn der Industrialisierung, nach London fährt. In Palo Alto und im Silicon Valley entsteht aus Intelligenz, Toleranz und digitaler Technologie Innovation. Zugleich entstehen neue Monopole. Die strengen Algorithmen, denen die digitale Zukunftswelt von Silicon Valley folgt, grenzen wesentliche Lebenswelten offensichtlich aus. Für uns in Europa ist es wichtig, diese zweite “neue Welt”, die keinen landsmannschaftlichen, nationalen oder klassischen Formaten gehorcht, kennenzulernen und zu verstehen. Sowohl für das Ziel zu partizipieren und zu kooperieren als auch für das Ziel, selbstbewusst mit Eigenem darauf zu antworten. Das ist durch Stippvisiten und touristische Besuche nicht zu erreichen. Der Publizist und Wirtschaftswissenschaftler Christoph Keese arbeitete und forschte ein halbes Jahr lang im Silicon Valley. Seine Erfahrungen aus erster Hand über KULTUR UND HYPERÖKONOMIE DES SILICON VALLEY legte er in einem Buch nieder, das auf interessante und verblüffende Weise das legendäre Buch von Frank Schirrmacher PAYBACK: WARUM WIR IM INFORMATIONSZEITALTER GEZWUNGEN SIND ZU TUN, WAS WIR NICHT TUN WOLLEN UND WIE WIR DIE KONTROLLE ÜBER UNSER DENKEN ZURÜCKGEWINNEN fortsetzt und in der Perspektive erweitert. Begegnung mit Christoph Keese.

Erstausstrahlung am 02.12.2015

Landkarten des Körpers im Geist

Zu den Geheimnissen der Evolution gehört die Tatsache, dass die Architektur im Gehirn aller Wirbeltiere, also auch von uns Menschen, bisexuell ist. Während sich im Äußeren die Geschlechtsmerkmale deutlich unterscheiden, sind sie auf der Landkarte des Gehirns, also in ihren Abbildungen in den Milliarden Neuronen im Kopf, fast nicht zu unterscheiden. Einige dieser Rätsel der Evolution dürfen aus ethischen Gründen nicht am Menschen selbst untersucht werden. Ein herausragend geeignetes Tier für die paläobiologischen und biologischen Untersuchungen ist ein sehr kämpferisches, bewegliches, intelligentes und aggressives Lebewesen, das zu unseren Vorfahren zählt: die etruskische Zwergspitzmaus. Sie ist körperlich so klein, dass sie, um die Hitze ihres Körpers auszubrüten, permanent jagen und fressen muss. Für die Navigation ihrer extrem raschen Bewegungen ist die Empfindlichkeit ihrer Barthaare entscheidend. Schaltungen zwischen Körper und Geist, die bei großen Lebewesen wie den Elefanten oder uns Menschen stark verlangsamt und gelegentlich verkümmert sind, sind bei diesen Winzlingen in vivo und mit allen Attributen der “Not, die erfinderisch macht” zu beobachten. Prof. Dr. Michael Brecht, Wissenschaftler am Bernstein Zentrum für Computational Neuroscience und der Humboldt-Universität zu Berlin, führt auf eine Forschungsreise in die Landschaften des Körpers, wie sie sich im Gehirn darstellen: “Die Innenausstattung von Angriffsgeist, Intelligenz und Feinsteuerung”.

Erstausstrahlung am 04.10.2016