Podcast: Mathematik steckt in allen Dingen

Ein Poet der Mathematik

Er entdeckte die berühmte Zahl “Pi”, die z.B. den Erdkreis beschreibt. Er taufte sie “Pi” nach dem Anfangsbuchstaben der Stadt St. Petersburg, in der er lebte. Von ihm stammt die imaginäre Zahl “i” (für Wurzel aus -1) und die Zauber-Zahl “e” (= Euler), welche die “natürlichen und hyperbolischen Logarithmen” wiedergibt. Es geht um das Genie Leonhard Euler, geboren 1707. Wladimir Velminski, Mathematiker und Wissenschaftshistoriker, berichtet über Euler, das Genie.

ADA, die die Computersprache erfand

Lord Byrons Tochter hieß “Ada” Byron King. Sie erfand die Computersprache und noch heute heißt das vom U.S.-Pentagon benutzte Computersystem ADA. Sie war ein Wunderkind und Frühgenie. Die Mutter wollte sie vor dem Schicksal des berühmten Dichtervaters bewahren. Deswegen wurde sie vor jeglicher Poesie gehütet und vor allem in Mathematik unterrichtet. Das führte zu dem Ergebnis, daß Ada mit poetischer Besessenheit mathematische Sprachen entwickelte und die Computersprache kombinierte.
SIe tat dies mit Männern, die sie für sich interessierte: pervers, brilliant, obsessiv, mathematisch, d.h.: durch und durch Lord Byrons Tochter.

Die U.S.-Filmemacherin Lynn Hershmann Leeson beschreibt in ihrem Film CONCEIVING ADA wie eine Frau von heute, computerbegeistert, im Cyberraum Kontakt mit der seit 144 Jahren toten Ada aufnimmt. Diese junge Frau von heute begibt sich über ein Interface, das ihr Timothy Leary 9 Tage vor seinem Tod beschafft, in den Cyberspace, obwohl sie schwanger ist. Ihr Kind wird später geboren, behaftet mit der Persönlichkeit und dem Gedächtnis von Ada, die sich auf diese Weise unsterblich zeigt.

Mathematik der sinnlichen Kraft

Man spricht von den fünf Sinnen eines Menschen. Tatsächlich sind es viel mehr sinnliche Kräfte an der Arbeit, wenn wir uns bewegen, das Gleichgewicht halten und unsere Lebendigkeit ausüben. Die Evolution zeigt sich als eine Wunderkammer verblüffender Kooperationen zwischen den sinnlichen Fähigkeiten der Lebewesen. Der Wüstenskorpion ist z.B. ein sinnlicher Mathematiker seiner Sinneskräfte. Im trocknen Sand, der sich in der Wüste wie eine Wasserfläche verhält, referieren winzige Härchen an den acht Beinen des Tiers den genauen Ort und den Weg einer Beute. Über vier Lebensjahre verfügt dieser Skorpion. Als Nahrung braucht er pro Jahr eine fette Motte. Also viermal Beutemachen im Leben. Dafür besitzt das blinde Tier staunenswerte Präzisionswerkzeuge der Ortung. Ganz anders die Schleiereule. Die Ernährung ihrer Jungen und des Weibchens fordert von dem nächtlich jagenden männlichen Tier, dass es alle zehn Minuten eine Maus fängt und zum Nest bringt. Die Koordination des Ohrs der Schleiereule weist dafür eine extrem genaue Winkelgenauigkeit auf. Es ist merkwürdig, dass diese Treffsicherheit des Ohrs auch zu den Eigenschaften von uns Menschen gehört. Für Krokodile und Vögel wäre der Abstand zwischen den Ohren zur genauen Orientierung im Raum unzureichend. Die Natur hat bei ihnen daher eine Direktkommunikation der Ohren durch einen Tunnel oder “Konzertsaal” im Kopf erfunden. Der Bio-Physiker Prof. Dr. Leo van Hemmen untersucht die feinabgestimmte biologische Basis, in der die Neuronen in extrem kurzer Zeit und mikrostrukturell im Gehirn diese Mathematik der sinnlichen Kraft ausüben. Die sinnlichen Kräfte erweisen sich in ihrer Praxis als erfahrene Mathematiker. Wir Menschen in der Zivilisation machen von unseren sinnlichen Fähigkeiten nur teilweise Gebrauch. Was wir dabei nicht verlernt haben, ist das Lernen selbst: die Plastizität des Gehirns. Fahrradfahren oder Schwimmen lernen bleiben hochkomplexe, kooperative Aktionen zwischen den Sinnen. Das Belohnungssystem beim Lernen liegt, sagt Leo van Hemmen, darin, dass die Sinne von sich aus ein Vergnügen daran haben, zusammenzuwirken: Wenn ihnen etwas Ganzes gelingt. Die Belohnungen, die wir verstehen, und die tatsächlichen (offenbar auf anderer Ebene ebenfalls lustvollen) Vorgänge auf der Mikroebene zwischen den Neuronen und Synapsen sind dabei zwei verschiedene Welten. Alles dies wird biophysikalisch durch einen imposanten Aufwand an Mathematik regiert, von dem unser Verstand nur wenig wahrnimmt. Begegnung mit dem Bio-Physiker Leo van Hemmen.

Leibniz und die Mathematik der Schlangen

Grubenottern sind Schlangen, die außer ihren Augen Infrarotsensoren an ihren Köpfen haben, sogenannte „Gruben“. Im Sandmeer der Wüste schaukeln die zwei Kiefer dieser Schlangen im Wellenrhythmus, in dem sich die Beute nähert. Die Wärmebilder, in denen die Daten das rechnende Hirn der Schlange erreichen, sagt der Biokybernetiker Prof. Dr. Leo van Hemmen, sind unglaublich unscharf. Dennoch sind die „mit der Mathematik der Schlangen“ am Ende erstellten Kartierungen im Gehirn so präzise, dass der Angriff der Schlange blitzartig trifft.

An solchen Prozessen, in denen mehrere voneinander unabhängige Sinne „multi-modal“ zusammenwirken, untersucht die moderne Biophysik die Eigengesetzlichkeit der Sinne, aber auch Innovationsschübe für Roboter. Die Skalen, auf denen die elementaren Prozesse der Wahrnehmung stattfinden, sind bei Menschen – wie bei den Schlangen – absolut voneinander getrennt. Die Neuronen wissen nichts von der Psychologie, an der sie doch bauen.

Die moderne Biophysik kommt hier zu ähnlichen Ergebnissen wie der große Philosoph Leibniz: Alles Elementare besteht aus Monaden, die blind sind. Und doch produzieren diese autonomen Monaden ein Ganzes, das als Realität funktioniert.

Unsere menschlichen Neuronen haben das Sternenzelt nie selber gesehen. Und doch erforschen wir den Kosmos.

Begegnung mit dem Biokybernetiker Leo van Hemmen: „Jeder Punkt auf der Skala der Sinne hat seinen eigenen Verstand“.

Mathematik steckt in allen Dingen

Moderne Mathematik arbeitet im Grenzbereich zur Technik und zur Naturwissenschaft. Es gilt Unbekanntes zu entdecken. Mathematische Strategien erweisen sich als Wünschelrute. Sie lassen in ihren strukturellen Analysen den Zufall und auch Irrationalität zu. Schwämme, Mikrostrukturen und Gedächtnismetalle sind ihre liebsten Studienobjekte. Prof. Dr. Stefan Müller vom Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften berichtet.

Mathematik als olympische Disziplin

Die einzige Sprache, in der sich der Kosmos entziffern lässt, ist die Sprache der Mathematik, sagt Albert Einstein. Erneuert und rein erhalten wird diese Sprache durch spezielle “Philologen” und “Gedankenarchitekten”, die z.B. im Max-Planck-Institut für Theoretische Mathematik in Bonn tätig sind. Peter Satorius, Chefreporter einer populären Tageszeitung, besucht dieses Institut.

Einen Nobelpreis für Mathematik gibt es nicht, weil Frau Nobel mit einem Mathematiker fremdging. Spitzenleistungen sind auf Anhieb unverständlich. Dennoch lösen sie, sagt Peter Satorius, Hochachtung aus. Wir müssen auch das Achten lernen, was wir nicht sofort verstehen.

Es stünde den Olympischen Festspielen gut an, wenn sie den Wettkämpfen der Körper auch Wettkämpfe der Mathematik gegenüberstellen könnten.

Mathematik, die letzte Freiheit der Gedanken

Die Knotentheorie gehört zur Hohen Schule der theoretischen Mathematik. Die Kunst besteht darin, zu beweisen, dass bestimmte Knoten auf ewig unlösbar sind. Diese Fälle unterscheiden sich von komplizierten Verwicklungen, die nur unlösbar aussehen. Ein solcher Beweis benötigt einen Tag oder hundert Jahre. Einen Vorteil hat derjenige, der den Quoten-Zoo respektiert. Ein Zerhauen von Gordischen Knoten ist in der Mathematik verboten und im Nahen Osten vergeblich. Der Mathematiker Priv.-Doz. Dr. Peter Schauenburg berichtet.

Die Geschichte der Null

Die Null ist die seltsamste Figur in der Republik der Zahlen. Sie hat eine Fülle verschiedener Bedeutungen.

Vor 5000 Jahren erfanden indische Mathematiker die NULL. Schon früher wurde sie von den Sumerern als Zeichen für “dazwischen” gebraucht. Für die Mayas, mit ihren vielen Kalendern, diente die NULL dazu, den Sturz in den Abgrund der Zeit zu verhindern. Nach Europa kommt die NULL durch die Araber als Trennlinie zu den negativen Zahlen.

Über die vielen Rätsel der NULL schrieb der Professor Dr. Robert Kaplan sein berühmtes Buch: THE NOTHING THAT IS; THE NATURAL HISTORY.

Das Ganze steuert der Blitz

Die eigentlichen Sieger im 2. Weltkrieg, sagt Kulturforscher Friedrich Kittler von der Humboldt-Universität Berlin, waren die Mathematiker John von Neumann und Alan Turing. Der eine entwickelte mit seinen Rechnern die Grundlagen für die Atombombe, der andere erfand die Computer, die die Geheimschlüssel der Wehrmacht entzifferten. Aus dem Geiste dieser Mathematik entstand die Interkontinentalrakete, deren furchtbare Macht für ein halbes Jahrhundert den Frieden zwischen den Großmächten erzwang. Friedrich Kittler über die Entstehung der Beschleunigung in der Welt aus dem Geiste der Mathematik und das PRINZIP UNBERECHENBARKEIT – “Das Ganze steuert der Blitz”.

Zufall und Wahrscheinlichkeit

Kämen Außerirdische ins Weiße Haus, würde sich rasch zeigen, dass sie nicht Englisch sprechen. Auf die Sprache der Mathematik dagegen, behaupten Experten, würden sie mit Gewissheit reagieren. Die Sprache der Mathematik ist der Umgangssprache fern, aber sie ist die Sprache des Kosmos. Es lohnt sich, Anton Wakolbinger, Professor für Mathematik an der Universität Frankfurt/Main, zuzuhören. Er vertritt eines der interessantesten Gebiete der Mathematik, die Stochastik: Das ist der Umgang mit Zufall und Wahrscheinlichkeit. Hier gibt es den berühmten Grenzwertsatz: das Gesetz der seltenen Ereignisse. Die Mathematik davon ist gleicherweise relevant für Phänomene der Finanzkrise, für den Ausbruch und den Ausgang von Kriegen, für die Verläufe der biologischen Evolution und für die Voraussage von Wahlergebnissen und Zuschauerquoten. Begegnung mit Prof. Dr. Wakolbinger und dem Grenzwertsatz.

Moderne Mathematik arbeitet im Grenzbereich zur Technik und zur Naturwissenschaft. Es gilt Unbekanntes zu entdecken. Mathematische Strategien erweisen sich als Wünschelrute. Sie lassen in ihren strukturellen Analysen den Zufall und auch Irrationalität zu. Schwämme, Mikrostrukturen und Gedächtnismetalle sind ihre liebsten Studienobjekte. Prof. Dr. Stefan Müller vom Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften berichtet.