Show: Verbrechen und Strafen

“Intimizid”

Eine Frau ersticht ihren Mann, weil sie glaubt, er wolle sie angreifen. An dem Tag, an dem er seinen Sohn getötet hat, wollte der Täter eigentlich auch seine Lebensgefährtin ermorden. Einer tötet die Lebenspartnerin, die ihn verlassen will. Ein Mann, der seiner dominanten Frau nicht sagen kann, dass er beruflich am Ende ist, tötet sie im Gefühl aus dem Gefühl seines Bankrotts heraus. Die Mehrzahl der Tötungen von Menschenhand gelten dem Intimpartner. In den klassischen Dramen und in der Oper tötet z.B. MEDEA ihre Kinder, um ihren untreuen Geliebten dort zu verletzen, wo er verletzbar ist: Sie vernichtet ihm seine Nachkommen. Am Schluss von CARMEN von Bizet und im Drama WOZZEK von Büchner tötet der verlassene Mann das Liebste, was er hat: “Du gehörst mir nicht und auch keinem Anderen” – das sind die letzten Worte des Wozzek. Der langjährige Chef der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, in der ersten Reihe der Gerichtspsychiater in Schwurgerichtsprozessen, berichtet aus seiner Praxis. Was unterscheidet Mord und Totschlag? Was bedeuten die Tatbestandsmerkmale “Heimtücke” und “Mordlust”? Wie geht der Psychiater mit solchen Begriffen des Gesetzes um? Begegnung mit Prof. Dr. med. Dr. h.c. Andreas Marneros.

Erstausstrahlung am 29.09.2013

Das Todesurteil

Die todbringende Helferin des belgischen Mörders Dutroux kommt vorzeitig frei. Ohne Gerichtsurteil wird Bin Laden von Staats wegen getötet. Der Massenmörder Eichmann wird in Jerusalem seinerzeit hingerichtet. Die Todesstrafe hat sehr verschiedene Aspekte. Ihre Grenzen sind nach wie vor umstritten. In China und in den U.S.A. floriert sie. Das Grundgesetz hat sie für die Bundesrepublik abgeschafft. Fragen wie der finale Todesschuss und die Androhung von Folter im Fall Gäfgen zeigen die Grauzone der Debatte. Der Hochschullehrer und Strafverteidiger Prof. Dr. Dr. h.c. Klaus Volk, LMU München, berichtet.

Erstausstrahlung am 17.12.2012

Der Sammelkläger

Neuste Berichte bestätigen, dass die Todesstrafe in den USA häufig unprofessionell ausgeführt wird. Die Todesqualen der zum Tode Verurteilten dauern weit länger als bisher angenommen. Zeugen des Geschehens und solche, die von den Quälereien hören, fühlen sich durch die Eindrücke innerlich verletzt. Sammelkläger Rechtsanwalt David Scott (Peter Berling) vertritt die Anliegen dieser Mandanten. Die Todesstrafe, sagt er, brutalisiert, vor allem bei fehlerhafter Ausführung.

Erstausstrahlung am 25.07.2005

Schirachs “Tabu”

Ferdinand von Schirachs Buch “Verbrechen” handelt von Fällen, die er aus seiner Anwaltstätigkeit kannte. Jetzt publizierte er einen Roman mit dem Titel “Tabu”. Auch hier zeigt sich seine enorme Erfahrung aus den Gerichtssälen. Es geht um den Hamlet-Stoff als eine moderne Kriminalgeschichte. Der Held verliert seinen Vater und muss miterleben, dass die Mutter unter Niveau neu heiratet. Es kommt zu einem vertrackten Tatbestand, einem “Mord ohne Leiche”. Für den Helden geht es um eine “Ermittlung gegen sich selbst”. Wer bin ich? Für den Autor geht es zugleich um den Prozess der Wahrheitsfindung und um die ihn nachdrücklich interessierende Verteidigung des Rechtsstaats, die vor allem in der Grauzone der Sachverhalte eine Herausforderung erhält. Von Schirachs neuer Roman und eine Begegnung mit dem Autor.

Erstausstrahlung am 24.02.2014

Jagd auf Mr. “Unbekannt Nr. 1”

Nach einer Sportveranstaltung verschwindet in einem kleinen Ort in Oberitalien ein minderjähriges Mädchen spurlos. Die Leiche wird später auf einem Acker gefunden. Auf ihrem Körper finden sich fremde DNA-Spuren. In einer Großaktion wird aufgrund dieser Spuren nach dem Mörder gesucht. Dr. Letizia Ruggeri, die Untersuchungsrichterin, eine imposante, besonnene Ermittlerin, veranlasst in den Dörfern 18.000 DNA-Untersuchungen. Es wird ein mutmaßlicher Vater des Täters gefunden, keines von dessen Kindern aber kommt für die Tat in Betracht. Erst als ein Ehebruch dieses Vaters und ein daraus entstandenes uneheliches Zwillingspaar herausgefunden wird (ein Dorfskandal), gelangen die Behörden an den inzwischen angeklagten Mr. “Unbekannt Nr. 1”. Dessen Familie, er selbst, die Anwälte wehren sich gegen die (auch in der Öffentlichkeit) abstrakt wirkende Anklage, die sich auf DNA-Indizien gründet. Blutsbande und Familienzusammenhalt stehen gegen Laborwissen. Die Debatte erregt und spaltet die Öffentlichkeit Italiens. Die Romanistin Prof. Dr. Ulrike Sprenger, Verfasserin den Proust ABC, kommentiert den aufsehenerregenden Konflikt, in dem zwei Zeitalter in einem Justizfall hart aufeinandertreffen.

Erstausstrahlung am 07.10.2015

AMOK

Was die Europäer an den asiatischen Amokläufern im 19. Jahrhundert schockierte, sagt Prof. Dr. Joseph Vogl, war der “Terror der Nicht-Unterscheidung”. Aus einem Anlass, der zu einem Gemetzel in keinem Verhältnis stand, also “ohne Grund” und gleicherweise grausam gegen Freund und Feind, rannten Mörder durch die Dörfer und töteten. Sie riefen: “Amok, Amok”, was so viel heißt wie: “Vernichtet sie”. Inzwischen gehören auch in den westlichen Ländern Amokschützen zu den großen öffentliche Zeichen, die eine Zeitenwende signalisieren. Die Amokschützen bevorzugen öffentliche Plätze, “befriedetes Gelände” wie Kaufhäuser, Universitätsgelände, Schulen und Kirchen. Wie Tötungsmaschinen töten sie unterschiedslos, was sich bewegt. Sie verhalten sich wie “Menschenfeinde”, sie bekriegen eine statistisch abgesicherte Welt, sagt Prof. Dr. Vogl, als dasjenige, was aus jeder Versicherungsrechnung herausfällt. Sie signalisieren DAS ENDE DER EINFÜHLUNG. Prof. Dr. Vogl, von der Bauhaus Universität Weimar, berichtet. Mit Beispielen aus Java, Tasmanien, U.S.A., Schottland u.a.

Erstausstrahlung am 04.08.2002

Josef Wilfling, Mordermittler

In einer Affekttat stampft ein Baggerführer seinen Chef, der ihn seit Jahren mobbte, in die Baugrube. Ein junger Mathematiker will seine Kinder, Zwillinge, planwirtschaftlich zur Nahrungsaufnahme und zum Schlafen zum gleichen Zeitpunkt abrichten. In seinem Ärger, dass das nicht gelingt, schüttelt er eines der Kinder, das am Schütteltrauma stirbt. Ein Einser-Jurist von intellektuellem Glanz versucht den perfekten Mord zu begehen. Ein Zufall spielt ihm einen Streich. Er wird überführt. Eine Pflegerin tötet den ihr anvertrauten Greis. Das Verbrechen ist raffiniert und kaltblütig. Es wird aufgedeckt. Dies sind Fälle aus dem neuen Buch des langjährigen Chefs der Münchner Mordkommission Josef Wilfling: UNHEIL. WARUM JEDER ZUM MÖRDER WERDEN KANN.

Erstausstrahlung am 15.09.2013

Die Knochenjägerin

Vor Gericht begutachtet sie Leichen: die Forensikerin und Anthropologin Prof. Dr. Kathleen Reichs. Außerdem schreibt sie berühmte Romane wie “Flash and Bones” und produziert die TV-Erfolgsserie “Bones” (Knochen). Es gibt wenige Autoren von Kriminalromanen in der Welt, die zugleich beruflich eine unbestrittene wissenschaftliche Autorität sind. Kathleen Reichs wurde am 11.9. ebenso wie bei den Massakern in Ruanda als Expertin hinzugezogen. Sie untersucht aber auch Skelette von Toten, die durch Verbrecher in Beton gegossen wurden, um solche Opfer zum Verschwinden zu bringen. Begegnung mit der Knochenjägerin: der literarischen und wissenschaftlichen Koryphäe Kathy Reichs.

Erstausstrahlung am 23.04.2012

Die Guillotine

Ein Beitrag zur Serie: 200 Jahre Französische Revolution. Hier geht es um die Guillotine. Die Französische Revolution wollte mehr Menschlichkeit auch für jene, die zum Tod verurteilt waren. Der Apotheker Guillotin erfand eine Schneidemaschine zum Abschneiden von Köpfen, die berühmte Guillotine. Dass jemand, der langsam geboren und langsam aufgewachsen ist, so schnell zu Tode kommt, ist ein Schock. Karl-Heinz Bohrer, berühmter Essayist und Herausgeber der Monatszeitschrift Merkur, Zeitschrift für Europäisches Denken, berichtet in der Sendung “10 to 11” über den Schrecken, den diese Maschine verursachte. “Die Kategorie der Plötzlichkeit und das Bild des Schreckens.”

Erstausstrahlung am 30.05.1988